Funktionsweise

Konventionelle Heatpipes – Verdampfung und Kondensation

Abb. 1: Schematische Skizze einer Heatpipe

 

Heatpipes – Wärmerohre – sind Bauelemente, die Wärme über einen Verdampfungs- und Kondensationskreislauf übertragen können. Wird an einem Ende der Heatpipe Wärme zugeführt, verdampft ein Arbeitsfluid und strömt – durch das Temperatur- bzw. Druckgefälle getrieben – entlang der adiabaten Zone zum Kondensator. Dort kondensiert der Dampf und gibt seine latente Wärme an eine externe Wärmesenke ab.

Um den Kreislauf aufrechtzuerhalten, muss das Kondensat dem Verdampfer wieder zugeführt werden. Dazu wird meist eine integrierte Dochtstruktur (z. B. Rillen-, Netz- oder Sinterstruktur) eingesetzt, die das Kondensat mithilfe von Kapillarkraft zurück zum Verdampfer fördert. Liegt der Kondensator oberhalb des Verdampfers, kann auch die Schwerkraft für den Rücktransport genutzt werden. Dies wird als Zwei-Phasen-Thermosiphon bezeichnet. Auch der Einsatz anderer Kräfte, wie z. B. Fliehkräfte, ist für die Rückführung des Arbeitsfluids denkbar.

Das verwendete Arbeitsfluid richtet sich nach dem Temperaturbereich, in dem die Heatpipe verwendet werden soll. Die gängigsten Anwendungen liegen im Bereich von  ca. -100 bis 300 °C. Hier werden typischerweise Fluide wie Ethanol, Aceton oder Wasser verwendet.

Thermischer Widerstand

Heatpipes werden im Betrieb über ihren thermischen Widerstand RHP bzw. thermischen Leitwert UHP charakterisiert. Diese Größen definieren sich als Quotient von Temperaturgradient entlang der Heatpipe ΔTHP und übertragener Leistung WHP.

RHP = 1/UHP  = ΔTHP /WHP

Der thermische Widerstand von Heatpipes ist im Vergleich zu dem eines Körpers aus Vollmetall mit denselben Abmesseungen um Größenordnungen kleiner und hängt vom Betriebspunkt ab (Abbildung 2).

Der maximal mögliche Arbeitsbereich einer Heatpipe liegt zwischen dem Schmelzpunkt und dem kritischen Punkt des gewählten Arbeitsfluids. Verschiedene physikalische Phänomene beeinflussen und begrenzen die Leistungsfähigkeit von Heatpipes. Dazu gehören u.a. die Viskosität des Fluids, Strömungsgeschwindigkeit im Rohr, Scherkräfte usw.

Um eine Heatpipe in einer bestimmten Anwendung optimal zu betreiben sind die Kenntnis, die sorgfältige Berücksichtigung und eine entsprechende Auslegung unabdingbar, damit die Leistungsgrenzen im Betrieb nicht erreicht werden. Gleichzeitig können diese Leistungsgrenzen aber auch gezielt ausgenutzt werden, um eine Schutzwirkung zu erreichen wie bspw. das Überhitzen der Wärmesenke zu verhindern.

Gerne beraten wir sie zu diesen Aspekten im Rahmen unserer angebotenen Leistungen.

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Abb. 2: Wärmewiderstand eines selbstgefertigten zylindrischen Wärmerohrs in Abhängigkeit von der Wärmebelastung im Vergleich zu einem Kupferrohr der gleichen Größe

Leistungsgrenzen

Viskositätsgrenze:
Bei Temperaturen kurz oberhalb der Schmelztemperatur ist die Viskosität des Fluides am größten und limitiert die Fluidströmung und damit die Leistung der Heatpipe.

Schallgeschwindigkeitsgrenze:
Wenn die Dampfströmung am Verdampfer Schallgeschwindigkeit annimmt, wird die Schallgeschwindigkeitsgrenze erreicht. Dann kann die Wärmetransportfähigkeit der Heatpipe durch Druckabsenkungen im Kondensator nicht weiter gesteigert werden.

Wechselwirkungsgrenze:
Bei Erreichen der Wechselwirkungsgrenze wird die Leistung der Heatpipe durch Scherkräfte an der Phasengrenzfläche zwischen dem aufsteigenden Dampf und dem zurückfließenden Kondensat limitiert. Der mit hoher Geschwindigkeit fließende Dampf reisst dabei das zurückfließende Kondensat mit. Es kommt zu einer Stauung des Kondensats innerhalb der Transportzone, zur Flutung des Kondensators und zu einer Austrocknung des Verdampferbereichs.

Kapillarkraftgrenze:
In einer Heatpipe mit Kapillare muss die Kapillardruckdifferenz der Summe aller Druckabfälle entlang der Fluidströmung entgegenwirken. Ist die Kapillardruckdifferenz nicht ausreichend, um der Summe aller Druckabfälle entgegenzuwirken, wird nicht genügend Kondensat zum Verdampfer zurücktransportiert und die Leistung der Heatpipe bricht ein.

Siedegrenze:
Im Verdampfer kann bei großen Wärmestromdichten Blasensieden auftreten. Bei Heatpipes mit Kapillarstrukturen wie Sintermetallen oder Netzen verdrängen die wachsenden Blasen die Flüssigkeit, der Kondensatrückfluss wird behindert und die Kapillarstruktur kann lokal austrocknen.

Austrocknungsgrenze:
Bei Heatpipes, die das Kondensat mithilfe der Schwerkraft zurück zum Verdampfer transportieren, reicht ab einer gewissen Leistung und Temperatur das Kondensat nicht mehr aus, um den Verdampfer vollständig zu benetzen. Im Extremfall liegt das gesamte Arbeitsfluid dampfförmig vor, so dass keine Leistung durch den Verdampfungs-/Kondensationskreislauf mehr übertragen werden kann.

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Abb. 3: Verschiedene physikalische Phänomene beeinflussen und begrenzen die Leistungsfähigkeit von Heatpipes. Diese Effekte zu verstehen und zu berücksichtigen ist Voraussetzung für den optimalen Betrieb einer Heatpipe in einer bestimmten Anwendung.

Pulsierende Heatpipes – Immer in Bewegung

Mit pulsierenden Heatpipes (PHP) können viele Entwärmungsprobleme effektiv gelöst werden. Die PHP kann dabei als gebogenes Rohr oder auch als flache Platte ausgeführt werden. Während bei Standard-Heatpipes der Rückfluss des Fluids zur Wärmequelle meist durch eine Dochtstruktur erfolgen muss, besteht eine pulsierende Heatpipe aus bis zu mehreren Dutzend dünner, mäanderförmiger Windungen, die partiell mit Flüssigkeit befüllt und evakuiert werden. Durch die Oberflächenspannung bilden sich zusammenhängende Segmente aus Fluid und Dampf. An der Heißseite dehnen sich die Dampfsegmente aus und schrumpfen bzw. kondensieren an der Kaltseite wieder. In der PHP liegen dadurch stets lokale Temperatur- und Druckunterschiede vor, deren Ausgleich das zweiphasige System durch verschiebende Kräfte auf die Fluid/Dampf-Segmente anstrebt. Diese Kräfte erzeugen eine ständige pulsierende Bewegung der Segmente, wobei das System nie in ein statisches Gleichgewicht gerät. Durch die Bewegung der Segmente erfolgt der Fluidtransport von der Heißseite (Wärmequelle) zur Kaltseite und damit auch der Wärmetransport.

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Abb. 4: Funktionsprinzip einer pulsierenden Heatpipe
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Abb. 5: Thermographiebild einer pulsierenden Heatpipe (PHP) aus gewundenen Glasröhrchen, eingetaucht in eine heiße Flüssigkeit. Im Vergleich zu einem massiven Kupferstab (links im Bild) erfolgt der Temperaturausgleich mit einer heißen Flüssigkeit sehr schnell im gesamten Volumen.
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Abb. 6: Grundplatte einer PHP mit eingefrästen Kanälen. Nach dem Verlöten der Grundplatte mit dem Deckel und der Befüllung mit dem Fluid ist die PHP einsatzbereit.

Leistungsdaten

Pulsierende Heatpipes können als Wärmespreizer und hocheffiziente Wärmestromträger bei der Luft- oder Wasserkühlung eingesetzt werden. Sie sind daher ideal geeignet für die Kühlung elektrischer Komponenten mit hoher Wärmebelastung. Der thermische Widerstand, den die PHP bildet, und folglich die Temperatur, auf die sich das zu entwärmende elektrische Bauteil erhitzt, sind abhängig von den Randbedingungen. Unter anderem spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • Aufbau und Abmessung der PHP, z. B. die innere Kanalstruktur
  • verwendetes Arbeitsfluid
  • Größe und Platzierung des Bauteils
  • Größe und Platzierung des angekoppelten Kühlkörpers

Die PHP kann für verschiedene Anwendungen angepasst werden.

Die Abbildungen 7 und 8 zeigen Leistungsdaten einer am Fraunhofer IPM entwickelten PHP aus Kupfer mit einer Abmessung von nur 100 × 50 × 2,5 mm3. Der Heizer – er hat eine Fläche von 8 x 50 mm² – repräsentiert ein sich erhitzendes elektronisches Bauteil. Gegenüber einer analogen Kupferplatte mit denselben Abmessungen können sehr viel niedrigere thermische Widerstände erzielt werden. Elektrische Bauteile, die mit einer PHP anstelle einer Kupferplatte entwärmt werden, erhitzen sich daher deutlich weniger stark.

Die kritische Bauteiltemperatur (typischerweise 80 - 90 °C) wird erst bei einer um den Faktor drei höheren Wärmeleistung erreicht. Für höhere Wärmeleistungen wird der Vorteil einer PHP gegenüber einer gleich großen Kupferplatte sogar noch größer.

Die möglichen maximalen Wärmeleistungsdichten der Bauteile sind hoch: In Test konnten Wärmeleistungsdichten von 50 - 70 W/cm² problemlos in die PHP eingeprägt werden, wobei Wärmeleistungsdichten von > 100 W/cm² realistisch sind.

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Abb. 7: Thermischer Widerstand einer PHP im senkrechten Betrieb für verschiedene Wärmeströme (blaue Messpunkte). Im Vergleich mit einer gleich großen Platte aus Vollkupfer (schwarz gestrichelt) können über 80 Prozent niedrigere thermische Widerstände erzielt werden.
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Abb. 8: Temperatur eines heißen Bauteils für verschiedene thermische Verlustleistungen bzw. Wärmeleistungen

PHP in Aktion

Eine PHP, gefertigt aus Glasrohr und mit Wasser als Arbeitsfluid, wird in heißes Wasser eingetaucht. Sofort beginnt aufgrund des Temperaturgradienten eine schnelle pulsierende Bewegung der Fluidsegmente und damit der Wärmetransport.